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Der König von Sylt

Reh-Sylt-s

Die größte Immobilienpleite auf Sylt trug sich Mitte der Achtzigerjahre zu. Sie ist heute fast vergessen und manche Sylter werden gar nicht gern daran erinnert.

1981 entdeckte Wolfgang Reh, Elektromeister und unternehmerisches Multitalent aus Bottrop, die Insel Sylt als neue Wirkungsstätte. Von 1981 bis 1983 erwarb Reh auf Sylt über 100 Häuser, 8 Hotels, ein Taxiunternehmen, eine Autovermietung, eine Kurklinik, ein Reisebüro, eine Wäscherei und einen Videoverleih. Etliche Sylter konnten ihre Häuser gar nicht schnell genug an Reh verkaufen, denn er zahlte deutlich mehr als die üblichen Marktpreise. Reh köderte wiederum Investoren mit völlig überhöhten Mieteinnahmen und verkaufte viele der Immobilen zu überhöhten Preisen und mit hohem Gewinn weiter. Die Mieteinnahmen garantierte er mit seinen eigenen Reiseunternehmen, die Urlauber vor allem aus Nordrhein-Westfalen per Bus, Bahn oder Charterflug auf das zukünftige “Mallorca des Nordens” bringen sollten. Die “Bild Zeitung” nannte Reh damals den “König von Sylt”.

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Reisebus von Reh-Sylteisen
Foto aus dem Prospekt von 1983

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Sylter Rundschau vom 11. Februar 1984          Keine vier Monate später war Reh am Ende.

Ende 1983 kontrollierte Reh bereits ca. 5000 Gästebetten und kündigte an: “Ich höre erst mit 10000 Gästebetten auf.” Der Widerstand auf Sylt nahm zu und es kam sogar zu öffentlichen Protesten gegen anreisende Reh-Touristen. Reh ließ sich jedoch nicht beirren: “Stoppen kann uns hier keiner mehr ... dat sin doch keine Geechner nich.” Doch die Stadt Westerland beschloss die “Substanz-Erhaltungs Satzung”, die eine Veränderung alter Bausubstanz verbot. Reh klagte und verlor vor dem Bundesverwaltungsgericht. Andere Inselgemeinden folgten dem Westerländer Beispiel. Damit waren die Bauaktivitäten der Reh-Gruppe auf Sylt gestoppt.

Am 2. März 1984 erschien in der Sylter Rundschau ein kurzer Artikel mit der Schlagzeile

“Reh gibt auf
Tb. Westerland. Die „Rheinische Post“ meldete gestern auf ihrer „Bunten Seite“, daß der Bottroper Unternehmer Wolfgang Reh gegenüber dieser Zeitung seinen Rückzug von der Insel bekanntgab. „Ich stelle meinen Betrieb ein“, habe Reh gesagt. Die Reh-Sylt-Reisen“ gebe es nicht mehr. „Ich will mich nicht mit der ganzen Welt anlegen“, fügte der Unternehmer laut „Rheinischer Post“ hinzu. Ihm blieben insgesamt noch acht Firmen und 32 weitere Beteiligungen. ...”

Am 5. März las man in der Sylter Rundschau, dass Reh seinen Rückzug per Fernschreiben an die Zeitung bestätigt hatte. Zum Schluss kündigte Reh an: “Von unserer Seite ist jedenfalls kein Pfennig an Mehreinnahmen für die Sylter Wirtschaft zu erwarten”. In den folgenden Tagen wurde bekannt, dass Reh sich nun in anderen Tourismuszentren engagieren wolle, z.B. in St. Peter-Ording, Winterberg und in Oberstaufen. Doch in den folgenden Wochen überschlugen sich die Ereignisse und das Reh-Imperium brach zusammen. Ende Mai 1984 stellte Reh Vergleichsanträge für fünf seiner wichtigsten Unternehmen und die Staatsanwaltschaft Essen teilte mit, dass man prüfe, ob gegen Reh ein Wirtschaftsstrafverfahren eingeleitet werden müsse. Die Schulden der Reh-Unternehmen wurden auf ca. 350 Millionen Mark geschätzt.

Am 5. Juni wurde dann das Ermittlungsverfahren eingeleitet und am 12. Juli kam Wolfgang Reh wegen des Verdachts des Betrugs und der Anstiftung zur Untreue in Untersuchungshaft. In den folgenden Wochen kam es in diesem Zusammenhang zu weiteren Verhaftungen von Vorständen der mit Reh in Verbindung stehenden Kreditinstitute sowie des Geschäftsführers eines Reh-Unternehmens.

Im Dezember 1984 standen nach Auskunft des Amtsgerichts Niebüll auf Sylt bis zum anstehenden Konkursverfahren 260 Objekte unter Zwangsverwaltung. 1985 kam es dann zu zahlreichen Versteigerungen.

Am 9. September 1986 begann der Prozess gegen Reh vor dem Landgericht Essen. Im Verlauf des Prozesses kam heraus, dass wohl schon im Oktober 1982 die Pleite drohte und deshalb die Aktivitäten auf Sylt stark ausgeweitet worden waren. Dafür hatte Reh von der Volksbank Oberhausen zwei weitere Kredite über jeweils 50 Millionen Mark erhalten. Im März 1987 kam Reh auf Kaution frei und der Prozess zog sich noch fast drei Jahre hin. Erst Anfang 1990 wurden die Urteile gesprochen.

Am 16. Februar 1990 erschien in “DIE ZEIT” unter der Rubrik “Manger und Märkte” folgende Meldung:

“ ... Am Montag verurteilte das Essener Landgericht den Bottroper Immobilienmakler Wolfgang Reh zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren wegen Beihilfe zur Untreue. Reh wollte Anfang der achtziger Jahre Sylt zum „Mallorca des Nordens" machen und investierte über 170 Millionen Mark in Hotelbauten. Dabei verhob er sich gewaltig. Den Konkurs konnten auch mauschelige Kreditgeschäfte mit der Volksbank Oberhausen/ Mülheim nicht verhindern. Die Bank ließ sich von Reh ungedeckte Kredite abschwatzen, obwohl bekannt war, mit welch üblem Finanzjongleur man sich einließ. Dafür muß nun der ehemalige Vorstand der Volksbank, Günter Flock, wegen Untreue ebenfalls für fünf Jahre hinter Gitter. Zwei seiner Kollegen kamen mit Bewährung davon. Das krumme Geschäft kostete die Bank 145 Millionen Mark.

Verloren haben auch Arbeiter und Kumpel aus dem Ruhrgebiet, die Reh dazu überredet hatte, ihre Spargroschen in seine Projekte zu investieren. Wie er dabei vorging, erläuterte im Essener Prozeß der Vorsitzende Richter am Beispiel eines Schlossers, der bei einem Nettoeinkommen von 2100 Mark Immobilien im Wert von über einer Million Mark auf Kredit kaufte. ... “

Quellen:
Der Spiegel vom 2. Februar 1984
Sylter Rundschau vom 2. März 1984
Welt am Sonntag vom 1. April 1984
Sylter Rundschau vom 13. Juli 1984
Sylter Rundschau vom 23. August 1984
Sylter Rundschau vom 15. Dezember 1984
Sylter Rundschau vom 27. August 1986
Sylter Rundschau vom 14. März 1987
Die Zeit vom 16. Februar 1990

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